Taschenuhren des Barock

Kleine Stilkunde für Taschenuhren Kennzeichen der Kunst des Barock. Nostalgische Retro Uhren mit Bildmotiven

Wem gefällt nicht die üppige, farbenreiche, ausladende Pracht eines Barockschlosses oder eines barocken Sakralbaus? Die Künstler und Techniker der damaligen Zeit fertigten aber auch Taschenuhren an, die mit reich verzierten Darstellungen versehen waren.

Die europäische Kunstepoche des Barock

Die künstlerische und stilistische Epoche des Barock folgt nicht zufällig auf die frühere Renaissance. War die Renaissance noch von humanistischer Erneuerung und Reformation geprägt, deren wesentliches Merkmal der religiöse (und oft auch weltliche) Fortschritt war, brach sich als Gegenbewegung die Gegenreformation Bahn. Auch der Absolutismus blühte, der den Herrschern ungeahnte Macht verlieh und ihnen weitreichende Verehrung zuteilwerden ließ.

Von diesem Zeitgeist wurde auch schnell die Kunst erfasst. Die Geschichte des Barock begann in Italien mit einer üppigen Entfaltung von Pracht und reichen Darstellungen in Architektur, Malerei und Literatur. Nach Italien folgten andere katholische Länder Europas diesem Kurs, dann erreicht das Barock – in modifizierter Form – auch die protestantischen Länder.

Das Barock wird in drei Phasen unterteilt (wobei die dritte manchmal als eigenständige Epoche nach dem Barock klassifiziert wird):

  1. Frühbarock (bis ungefähr 1650)
  2. Hochbarock (etwa 1650 bis 1720)
  3. Spätbarock oder Rokoko (etwa 1720 bis 1770)

Nach dem Barock bzw. Rokoko entwickelt sich der Klassizismus. Manchmal bezeichnet man nicht nur jene Kunstepoche als Barock, sondern auch die gesamte historische, politische, gesellschaftliche und geistesgeschichtliche Epoche des Absolutismus.


Kennzeichen der Kunst des Barock

Die Kunst des Barock verwischt die klaren Grenzen der Renaissance zwischen Architektur, Malerei und Skulptur. Mit dieser Auflösung verschwinden auch die Ziele der Einheitlichkeit und der Ruhe aus der Kunst. Zwar wurden einigen typische Formen und Elemente durchaus übernommen, diese wurden aber in gesteigerter Form dargestellt. Man setzte auf Bewegung, Beweglichkeit und Reichtum. Wer Geld hatte, zeigte dies auch in der Kunst, die er sich anschaffte – oder mit einer sündhaft teuren Taschenuhr bzw. tragbaren Uhr.

Taschenuhren von 1550 bis 1690

Die frühen Exemplare der tragbaren Uhren, die von den Gutbetuchten meist an einer Kette um den Hals befestigt wurden, sind mittlerweile leider extrem selten geworden. Die meisten von ihnen sind in Museen untergebracht, auf Auktionen bzw. im antiquarischen Handel findet man sie selten.

Als Gangregler verfügten die damaligen Uhrmacher noch nicht über eine Unruh mit Spiralfeder, sondern nur über eine Balkenwaag oder Löffelwaag, also einen Mechanismus, der dafür sorgte, dass ein annähernd gleichmäßiger Gang möglich wurde. Allerdings sind diese Taschenuhren sehr ungenau. Wer einmal Gelegenheit hat, eine solche Uhr gehen zu hören, wird dies verstehen.

Taschenuhren von 1690 bis 1800

Im Jahre 1674 wird die Unruh von Christiaan Huygens entwickelt. Diese Entwicklung beruht auf seiner Entdeckung, dass eine Unruh mit Spiralfeder dieselbe Schwingung verursacht wie ein Pendel. Damit wurde die Taschenuhr zu einem wirklich brauchbaren und präzisen Zeitmesser!

Diese Taschenuhren mit Spindel wurden bis etwa 1880 in sehr großer Zahl gebaut und sind heute noch häufig im antiquarischen Handel zu finden. Dabei sind der Variantenvielfalt dieser Uhren weit weniger Grenzen gesetzt als ihren Vorgängern: Es gibt einfache Modelle aus anonymer Hand, aber auch edle Taschenuhren von berühmten Herstellern.

Besonders edel erscheinen heute noch die wunderschönen polychromen Email-Malereien auf Taschenuhren von Jean Toutin aus Blois. Diese Form der Verzierung von Taschenuhren entwickelt sich vor allem in der westlichen Schweiz (Genf) und in Frankreich.


Taschenuhr mit einem Motiv des Barock

Die Zeit des 17. Jahrhunderts ist geprägt vom Barock. Meist wird Barock im Sinne der kunst- und literaturgeschichtlichen Epoche nach der Renaissance benutzt, manchmal aber auch für die gesamte historische Epoche des Absolutismus.

Das vielleicht hervorstechendste Hauptmerkmal dieser Epoche sind die Gegensätze. Auf der einen Seiten stehen die reichen Höfe, die mit ihrer Kultur des ausladenden Pomp und des schieren Luxus glänzen. Diese bevorzugen oft malerische, literarische und architektonische Zeugnisse mit reichem Schmuck und ausladender Herrlichkeit. Auf der anderen Seite stehen die Eindrücke des einfachen Volkes, das unter Kriegen, Krankheiten, Armut und Tod zu leiden hatte. Kriege, die die Länder verheerten, gab es damals viele. Der heute noch bekannteste ist wohl der Dreißigjährige Krieg, der von 1618 bis 1648 dauerte.

Daher ist eines der Motive der Zeit die Darstellung von Kriegen und Schlachten. Die Gegensätze der Epoche werden ebenfalls häufig bildlich dargestellt, vor allem als:

  • Kontrast zwischen Diesseits und Jenseits
  • Kontrast zwischen Lebensfreude und Genuss einerseits und Todesbewusstsein andererseits
  • Kontrast zwischen dem äußeren Erscheinungsbild und der psychischen oder inneren Gestalt von etwas

Es gibt weitere Motive, die die Zeit des Barock charakterisieren und die meist als Ausdruck menschlicher Gefühle verstanden wurden. Sie waren also keineswegs einfach nur Abbildungen:

  1. Sterblichkeit: Der Mensch gewinnt durch die häufigen und schrecklichen Kriege immer mehr das Bewusstsein, dass er vergänglich, endlich, sterblich ist. Häufig finden sich daher Darstellung von Tätigkeiten oder symbolischen Gegenständen des menschlichen Strebens und Schaffens, die mit Todessymbolen kontrastiert werden. Besonders „beliebt‘ waren Darstellungen von Totenschädeln und dem Tod an sich.
  2. Vanitas: Ein weiteres Motiv der Zeit ist Vanitas. Das lateinische Wort bedeutet Vergänglichkeit oder – in seiner ursprünglichen Wortbedeutung – Misserfolg. Beides wird häufig bildlich dargestellt. Es gibt zum Beispiel eine Vanitas-Darstellung von Bernardo Strozzi, das eine Frau vor dem Spiegel zeigt, die von Umgebenden geschmückt wird. Dabei stellen sich Vergänglichkeit und Misserfolg gleichermaßen dar, denn das Spiegelbild der Frau offenbart ihr hohes Alter und ihr Gezeichnetsein vom Leben.
  3. Carpe Diem – Nutze den Tag: Das Bewusstsein von Sterblichkeit und Vergänglichkeit lässt den Menschen umso inniger auf ein göttliches Jenseits hoffen – oder sich voller Lebensgenuss und Tatkraft dem gegenwärtigen Tag widmen.

Wer sich also als Kenner der Zeit des Barock ausweisen will, sollte bei der Wahl seiner Taschenuhr mit Barock-Motiv auf diese Kennzeichen der Epoche achten.


Beitrag von Fedor Singer » www.biographiewerkstatt-singer.de
Bild von Pixabay.com


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Von Fedor Singer

Fedor liebt Uhren und gehört zu unseren erfahrenen Uhrenbloggern und ist für seine trendbewusste Statements bekannt. Er kommt aus Nordrhein-Westfalen und hat an der Uni Düsseldorf studiert...

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